Am 16. Juni 1848 – also vor genau 175 Jahren – wurde Johann Baptist Jordan in Gurtweil/Schwarzwald geboren. Als seliger Franziskus Maria vom Kreuze Jordan wurde er im Mai des Jahres 2021 in Rom seliggesprochen. Zwischen diesen beiden Daten liegt der beschwerliche und spannende Weg eines Menschen, der von der Vision erfüllt war, Gott allen Menschen nahezubringen.

Im Interview mit der Katholischen Nachrichten Agentur (KNA) äußern sich der Provinzial der Deutschen Provinz der Salvatorianer Pater Friedrich Emde und der im vergangenen Jahr zum Priester geweihte Pater Philipp Sauter über ihrer Beziehung zum Ordensgründer.

KNA: Herr Provinzial, warum sind Sie Salvatorianer geworden?

Pater Emde: Schon in meiner Schulzeit bin ich Salvatorianern bei Besinnungstagen und Exerzitien begegnet. Bei einer Einladung in unser Kloster Steinfeld in der Eifel hat mich wirklich die Gemeinschaft angesprochen. Da war ich über den zweiten Bildungsweg bereits auf einem geistlichen Weg, wollte Theologie studieren und Priester werden. Aber dann haben mich die Menschen, die ich dort kennengelernt habe, und die gute menschliche Art und Weise angesprochen, wie sie als Gemeinschaft zusammenleben. Und ich bin bei ihnen geblieben.

KNA: Pater Philipp, Sie haben erst vor wenigen Jahren zu den Salvatorianern gefunden. Was hat Sie mit 26 Jahren bewogen, in diesen Orden einzutreten?

Pater Philipp: Ich habe in Köln Rettungsingenieurwesen studiert und bin 2013 in eine tiefe Lebenskrise geraten. Ich brauchte eine Auszeit. Meine Taufpatin, eine salvatorianische Laiin, hat mir die Gemeinschaft Lochau am Bodensee empfohlen. Dort habe ich dann sieben Wochen verbracht. Der Aufenthalt hat etwas mit mir gemacht, mein Leben wurde völlig auf den Kopf gestellt. Ich hatte vorher keine Gottesbeziehung, bin auch nicht mehr in die Kirche gegangen.

Nun gab es da plötzlich diese persönliche Gottesbeziehung in meinem Leben. Ich hatte auf einmal eine Liebe in meinem Leben gefunden – zu Jesus Christus. Das kann ich mit dem Verstand nicht beschreiben; es hat viel mit Gefühl und Emotionen zu tun. Darüber hinaus hat mich beeindruckt, wie diese älteren Männer in guter Gemeinschaft zusammengelebt haben. Ich kannte das vorher nicht. Ich bin dann zurück nach Köln und habe mein Studium abgeschlossen. Ein halbes Jahr später bin ich 2014 bei den Salvatorianern eingetreten.

KNA: Was macht für Sie den besonderen Reiz dieses Ordens aus?

Pater Philipp: Das habe ich mich auch gefragt. Zum einen kann ich mich bis heute mit der Ordensspiritualität identifizieren. Am entscheidendsten war für mich aber die Begegnung mit diesem lebendigen Gott. Da war plötzlich jemand, mit dem ich mein Leben auf eine spirituelle Art und Weise teilen wollte.

Als ich nach meiner Auszeit wieder in Köln war, wusste ich, dass ich zurück zu den Salvatorianern nach Lochau möchte. Ich habe mich dort nicht nur sehr wohl gefühlt. Ich wusste auch: Dort geht die nächste Tür für mich auf – mehr wusste ich noch nicht. In meinem Herzen wurde mir ziemlich schnell klar, dass es keine andere Möglichkeit für mich gibt, als das zu probieren und die Ordensausbildung zu beginnen.

KNA: Herr Provinzial, auf Ihrer Homepage heißt es: „100 Talente, 100 Berufe, 1 Gemeinschaft“. Das klingt nach einer munteren Zusammensetzung. Welche Menschen schließen sich den Salvatorianern an?

Provinzial Emde: Allen ist die spirituelle Gemeinschaft wichtig. Wir sind keine ganz junge Gemeinschaft mehr, Pater Philipp ist der Jüngste. Einige Mitbrüder haben früher eine unserer Schulen besucht und dabei einen ersten Kontakt bekommen. Dann gibt es Menschen wie Pater Philipp, die etwas später zu den Salvatorianern finden. Wir haben unterschiedliche Talente bei uns, mancher hat vorher einen Beruf erlernt. Einer unserer Mitbrüder leitet unser Gästehaus im Kloster Steinfeld, er ist ein begnadeter Koch.

KNA: Ihr Ordensgründer Franziskus Jordan wurde vor 175 Jahren geboren. Was war er für ein Mensch?

Provinzial Emde: Er hat soziale Probleme und wirtschaftliche Not selbst kennengelernt. Jordan stammte aus schwierigen Familienverhältnissen, musste als Jugendlicher für den Unterhalt der Familie sorgen, ist dann auf die Walz gegangen. Er hat erst später die Schule besucht und studiert. Er hatte also einen ganz weiten Blick auf die sozialen Probleme dieser Welt.

KNA: Wie übersetzen Sie Jordans Spiritualität ins Heute? Was hat er Menschen heute noch zu sagen?

Provinzial Emde: Jordan hat gelernt, auf die Vorsehung Gottes zu vertrauen. Das ist für mich ein ganz entscheidender Punkt: sein tiefes Vertrauen in Gott. Jordan sagt, es kann eigentlich nichts grundsätzlich schief gehen. Denn in allen Verunsicherungen – da sind wir auch wieder bei Pater Philipp – haben wir einen Anker in Gott. Auf ihn kann ich vertrauen. Das ist eine Botschaft, die man jungen Menschen auch heute auch noch sagen kann.

Für uns ist auch der Gedanke der Menschenfreundlichkeit Gottes sehr wichtig. Er stellt keine Forderungen und sagt nicht zuerst: Du musst dies und jenes tun. Sondern er nimmt mich, wie ich bin, und geht jeden Weg mit. Das sind für mich zwei ganz entscheidende Punkte in der Spiritualität, die auch heute noch sehr aktuell sind.

KNA: Pater Philipp, möchten Sie noch etwas ergänzen?

Pater Philipp: In meiner tiefen Lebenskrise habe ich Christus wirklich als den Salvator – den Retter und Erlöser – kennengelernt, der mich sieht und mir auf eine besondere Art Heil schenkt. Das ist keine Wunderheilung nach dem Motto „Puff, peng, alles ist wieder gut“, sondern er nimmt mich mit auf den Weg und führt mich Stück für Stück in die Freiheit, auch wenn es dort Höhen und Tiefen gibt. Aber er schenkt mir durch seine lebendige Beziehung zu mir eine ganz andere Lebensgrundlage.

KNA: Pater Philipp, wie lebt es sich als Jüngster in Ihrer Gemeinschaft im Wissen, dass mutmaßlich nicht mehr viele junge Menschen nachkommen werden?

Pater Philipp: Gottseidank hat mir das von Anfang an nichts ausgemacht. In Lochau war der Jüngste über 50 und die Gemeinschaft bestand damals aus zwölf älteren Leuten. Mich hat es nie gereizt, in eine Gemeinschaft mit mehr jüngeren Ordensbrüdern einzutreten. Das war nicht mein Wunsch, warum auch immer. Ich fühle mich hier nach wie vor wohl. Pater Friedrich wird bald 60, und ich bin 36. Wenn er 80 ist, bin ich auch nicht mehr jung. Ich freue mich, wenn Junge nachkommen, aber ich bin nicht drauf angewiesen.

KNA: Pater Philipp hat eben die salvatorianischen Laiengemeinschaften erwähnt. Was sind diese Laiengemeinschaften, wie engagieren Sie sich?

Provinzial Emde: Das primäre Ziel von Franziskus Jordan im 19. Jahrhundert war es nicht, eine Ordensgemeinschaft zu gründen. Jordan ging es mehr um eine Vereinigung von Menschen, die sich für die Verbreitung des Evangeliums einsetzen. Eine Idee von ihm war, unterschiedliche Weihegrade zu haben. Heute verstehen wir uns auf internationaler Ebene als salvatorianische Familie mit drei Zweigen: Salvatorianerinnen, Salvatorianern und die internationale Laiengemeinschaft, die jeweils alle eigene Leitungsstrukturen haben.

Seit den 1960er und 70er Jahren ist die Idee der Zusammenarbeit mit Laien wieder stärker geworden. Diese salvatorianischen Laiengruppen fühlen sich dem Charisma des Gründers verbunden und werden immer von Salvatorianerinnen oder Salvatorianern begleitet. In Deutschland gibt es derzeit acht Gruppen; sie engagieren sich sozial, führen ein gemeinsames geistliches Leben und sehen sich wie eine große Familie. Wer sich einer salvatorianischen Laiengruppe verbunden fühlt, nimmt zugleich ganz normal an dem Gemeindeleben seiner Heimatpfarrei teil.

KNA: Werden die Salvatorianer den 175. Geburtstag ihres Gründers feiern?

Provinzial Emde: Wir halten im nächsten Jahr unser Generalkapitel ab. Dieses weltweite Treffen des Ordens beginnt am 21. Juli 2024, am Fest des seligen Franziskus Jordan in Krakau. Das Generalat plant, zum 175. Geburtstag Jordans in diesem Jahr mit dem Vorbereitungsprozess darauf auf das Generalkapitel zu beginnen.

Hier in München feiern wir in unserem Pfarrei St. Willibald am 9. Juli sowieso das große Pfarrfest. Es liegt damit zwischen dem Geburtstag und dem Fest des Seligen am 21. Juli. Richtig groß gefeiert haben wir die Seligsprechung im vergangenen Sommer.

Die Salvatorianer Provinzial Pater Dr.Friedrich Emde und Pater Philipp Sauter im Klostergarten des Provinzialats in München. Quelle:KNA