‚Aschermittwoch‘ von Pater Egino Manall SDS, 1966

Aschermittwoch, Pater Egino Manall SDS, 1966

Die Blumen sind verwelkt;
die Gläser sind leer;
die Masken sind gefallen;
Aschermittwoch – die Maskerade ist vorbei !?

In der bedrohlichen Dunkelheit der Winterzeit
sollten die Masken den Menschen helfen,
sich vor dem Bösen und vor Gefahren
zu schützen – zu verbergen.

Heute gilt: Abwechselung durch Maske,
raus aus Alltag und Pflichten – ganzjährig.
Ich trete neben mich, verfremde mein Selbst,
werde mir und anderen fremd.

Mit Maske – raus aus Normen und Rollen.
Mein Handeln hat keine Konsequenzen.
Alles ist erlaubt – denn: Ich war‘s ja nicht.
Keiner kann mich zur Verantwortung ziehen.

Distanziert-maskiert und verfremdet
berührt mich nicht, was ich verursacht habe.
Hinter Masken und Technik versteckt,
nehme ich deren Wirkung nicht wahr.

Das Denken und Handeln hat viel Spielraum,
doch es geht immer mehr kaputt;
mehr und schnell wird kommuniziert,
aber gegenseitiges Verstehen wächst nicht mit.

Die Menschen stehen neben sich;
sind sich fremd geworden;
sie fremdeln mit sich und dem Nächsten,
mit ihrem Schöpfer und der Schöpfung.

Aschermittwoch – müsste öfter sein:
Masken müssen fallen; Verfremdung vorbei!
Zeige dein wahres Gesicht – sei Du selbst:
erkennbar – unverstellt – verantwortlich.

Michael Overmann SDS