Papst Franziskus hat das Jahr 2025 als Heiliges Jahr ausgerufen und unter das Leitwort „Die Hoffnung lässt nicht zugrunde gehen“ (Röm 5,5) gestellt. Von christlicher Hoffnung zu sprechen in einer Welt, die vielfach außer Rand und Band zu geraten scheint, in einer Zeit, in der der Glaube wegbricht und eine krisengeschüttelte Kirche rasant an Bedeutung verliert – gerät man da nicht in Gefahr, sich in frommen Formeln zu ergehen, die angesichts der Wirklichkeit hohl und leer bleiben müssen?
Papst Franziskus begeht diesen Fehler nicht. In seiner an Christi Himmelfahrt veröffentlichten Ankündigungsbulle für das Heilige Jahr führt er die Konflikte unserer Gegenwart in aller Schärfe vor Augen: Krieg, Armut, Migration, Überalterung, Ungerechtigkeit, Orientierungslosigkeit, Einsamkeit … Gleich zu Beginn seines Schreibens gibt der Papst zu verstehen, dass er das Thema „Hoffnung“ dem Römerbrief des Paulus entnommen hat. Der aber wendet sich an eine Gemeinde, die durch innere Spaltungen sowie durch den wachsenden Druck einer übermächtigen, ihr misstrauisch und feindselig gegenüberstehen Umwelt in ihrer Existenz bedroht ist, sich eigentlich in einer ausweglosen Situation befindet. Wenn Paulus nun feststellt „Die Hoffnung lässt nicht zugrunde gehen“ (Röm 5,5), dann ist dies mehr als ein frommer Satz. In seinen Ausführungen erinnert er die Mitglieder der bedrängten Gemeinde daran, dass sie – Juden und Heiden – zum Glauben an Christus kamen, weil sie eine Erfahrung gemacht haben mit dem der auferstanden und lebendige Wirklichkeit ist, eine Erfahrung, die ihre Existenz grundlegend verändert hat. Dann aber ist Hoffnung Erwartung, die aus soliden Wurzeln kommt und reale Aussicht hat. Und das trägt, auch unter bedrohlichen Umständen. Paulus hat Recht behalten: Das Christentum, so angefochten es anfangs war, ist nicht untergegangen, sondern gewachsen und zur bedeutendsten und am meisten kulturprägenden Religion geworden.
Papst Franziskus sieht in der weit verbreiteten Sehnsucht nach Frieden, im Enthusiasmus der Jugend, im sozialen Engagement vieler Mitmenschen Zeichen einer weit verbreiteten Hoffnung in unserer Zeit. Um der zu entsprechen, fordert er auf, sich im gesellschaftlichen Leben einzubringen, Initiativen zu ergreifen, sich für das menschliche Miteinander einzusetzen. Dabei lädt er ausdrücklich ein zu einer „lebendigen und persönlichen Begegnung“ mit Christus. Er lädt dazu ein, die Hoffnung zu vertiefen, indem man sich auch geistlich auf den Weg macht, sich auf einen Weg der Pilgerschaft begibt. Es gelte, „den Wert der Stille, der Anstrengung und der Konzentration auf das Wesentliche wiederzuentdecken“. Es gelte „im Betrachten der Schöpfung und der Kunstwerke“, in der Begegnung mit anderen Kulturen sensibel und dankbar zu werden für die Wunder Gottes. Es gelte, sich – nicht zuletzt durch den Empfang des Bußsakraments – auf „einen echten Weg der Umkehr“ bringen zu lassen.
Wie Paulus macht Papst Franziskus in schwierigen Zeiten Mut. Wie der Apostel möchte er vermitteln: Christliche Hoffnung ist keine fromme Illusion, sondern gründet in einer realen Beziehung zu Gott. Aus dieser bezieht sie ihre Kraft und Perspektive. Leben und Engagement aus dem Glauben sind nicht umsonst, sondern auch dann, wenn es drunter und drüber geht, ein unverzichtbarer Beitrag zur Gestaltung der Welt.
Pater Wolfgang Sütterlin SDS