Gleichstellung ist ein prägendes Wort unserer Zeit. Gleichgestellt werden muss etwas dann, wenn eine Ungleichheit offensichtlich geworden ist und negative Wirkungen zeigt.
Bezogen auf die Gleichheit gibt es zwei inspirierende Symbole, die Waage und die Wippe:
- Gleichheit und Harmonie bei der Waage lässt sich beobachten, wenn das Gegengewicht eine bestimmte Materialmenge aufwiegt;
- Gleichheit auf der Wippe lässt sich erfahren, wenn beide Personen das Ab und Auf in harmonischen Wechsel ermöglichen und nicht eine Person die andere ‚in der Luft hängen‘ lässt.
Gleichstellung, das ist ein gesellschaftliches Thema. Dabei denken wir vor allem an die Gleichstellung von Frau und Mann im Berufs- und Familienleben, in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft; wir können aber auch Einheimische und Fremde, Menschen unterschiedlicher Hautfarbe und Herkunft, Menschen unterschiedlicher kultureller und sexueller Prägung einbeziehen.
Die Entwicklung unserer Gesellschaft hat uns gelehrt:
– den Leitgedanken der Französischen Revolution: „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit“ und die Erklärung der Menschenrechte (1789);
– den Leitgedanken der ‚Charta der Vereinten Nationen‘ mit der „Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten für alle ohne Unterschied der Rasse, des Geschlechts, der Sprache oder der Religion“ (1945);
– sowie den Leitgedanken des deutschen Grundgesetzes: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ (GG Art. 3, Satz 1+2 von 1949)
Eigentlich müsste damit alles klar sein, ist es aber nicht!
Der Grund dafür liegt in der menschlichen Neigung zum Vergleich. Sobald sich nämlich Erwachsene und auch Kinder mit anderen verGLEICHen, setzen sie die Gleichheit auf’s Spiel, denn es geht dann um ein Besser und Schlechter, um den Unterschied. Der VerGLEICH dient demnach nicht der Gleichheit, sondern dem Unterschied, der den Gewinner erhöht und den Verlierer erniedrigt.
Was also dem Selbstbewusstsein gut tut und uns weiterbringt, geht meist auf Kosten anderer und schadet unserem Sozialbewusstsein. Änderung tut not, weil wir genug Radikalisierung und Rücksichtlosigkeit um uns herum feststellen. Dazu müssen wir die gewollten und ungewollten Nebenwirkungen dieser Neigung zum Vergleich tiefer reflektieren.
Eigentlich dürfte die Gleichstellung der Menschen kein Problem sein.
Dem Christgläubigen erklärt das Pfingstfest die Voraussetzungen, denn beGEISTert erkennen wir:
- dass wir alle Geschöpfe des einen göttlichen Schöpfers sind (Jes 44,2),
- dass wir alle Kinder des einen himmlischen Vaters (Röm 8, 14-17),
- dass wir alle Brüder und Schwestern Jesu Christi (Mk 3,35),
- dass wir alle ein ‚Leib Christi‘ sind (Apg 2,3+4 und 1Kor 12,12ff).
Nur in diesem GEIST, der uns zu Kindern Gottes macht, ist und bleibt das menschliche Miteinander tragfähig. Die Gleichstellung als Geschöpf Gottes in unserem Herrn Jesus Christus ist grundlegend und hilft als Korrektiv jeden Vergleichs, der uns zwar alle anspornen, aber niemandem schaden darf. Das nennt man dann Fairness!
Pater Michael Overmann SDS