Wenn ich mir den Aufwand anschaue, der im Dezember betrieben wird, den ganzen Umtrieb, dann lässt mich das zumindest ein Fragezeichen setzen. Gewiss ist vieles dem Jahreswechsel geschuldet. Ob aber nicht ein Gutteil davon – auch wenn wir von uns Christen als von erlösten Menschen sprechen – zumindest ein Hinweis ist, dass wir als Menschen mit einer immens großen Sehnsucht und Hoffnung unterwegs sind?

Vier Sonntage vor Weihnachten lässt die Kirche den Weihnachtsfestkreis beginnen. Sie nennt diese Zeit mit einem Fachausdruck: Advent.

Wichtige Persönlichkeiten wollen erwartet werden. Das war in der römischen Antike nicht anders. Man bereitete ihnen die Ankunft, den Advent(us).

Dieser Advent ist aber facettenreicher als man gemeinhin denken möchte. Spontan meinen wir, es wäre eine Art Vorbereitungszeit auf Weihnachten. Kein Fest ohne Vorbereitung. – Auf Feste müssen wir eingestimmt sein. Man kann nicht „Knall auf Fall“ feiern. In Bezug auf das Äußere ist uns das eine Selbstverständlichkeit. Wir müssen all das beschaffen und herrichten, was wir zum Feiern brauchen.

Wichtiger – freilich auch schwieriger – ist die innere, die persönliche Vorbereitung. Bei ihr geht es nicht zuerst darum, dass man in die entsprechende Stimmung kommt, sondern es geht um die Besinnung auf den Inhalt des Festes.

Es ist aber nicht nur eine Vorbereitungszeit auf das Geburtsfest Jesu.

Die Worte der Lesungen der Gottesdienste weisen verblüffend auch in zwei andere Richtungen und geben gute Anregungen.

Da geht es zunächst um das Kommen Jesu Christi „am Ende der Zeiten“, das Kommen unseres Herrn in der Vollgestalt seiner Herrlichkeit. Das ist ein in die Zukunft gerichteter Aspekt, der aber immer in unsere Gegenwart herein wirkt. Es ist schwer zu begreifen, dass wir das Heil nicht von einem morgigen Tag erwarten dürfen, der unaufhörlich zurückweicht, sondern dass wir es in einem immer gegenwärtigen Heute zu suchen haben. Gott ist da – hier und heute – in meinem Leben, in meinen Zweifeln und Sorgen; er weiß um meine Angst und meine Sehnsucht nach Glück. Wir warten auf die Ankunft Jesu Christi – das ist eine Grundintention christlicher Existenz. Unser Leben ist ein permanenter Advent. Ab und zu dürfen wir Gott in unserem Leben real erfahren. Da bekommt unser Leben Zukunft und Hoffnung. Es ist nichts, was wir fürchten müssten, eher freudig erwarten dürfen.

Mit Rückblicken in die Vergangenheit werden wir hineingenommen

in die jahrtausendelange Erwartung des Volkes der Bibel, das auf den Messias harrte. Dass Gott uns entgegenkommt. Er ist anders gekommen als er erwartet wurde. Aus Liebe zu uns wird sein Sohn Mensch. Warum? Weil ER es wollte. Er nimmt nicht nur unser Schicksal an, sondern erweist sich schließlich als Sieger über den Tod.

Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft: Es ist eine Zeit der Besinnung und Neuorientierung, des Wachens und der Aufmerksamkeit. Für den einzelnen Christen wie für die Christenheit. Der Advent – die Ankunft des Herrn will bereitet sein. Man kann es drehen, wie man will; und auch wenn ich sie vermeiden will, an den Worten Buße und Umkehr komme ich nicht vorbei. Mögen aus den Worten auch Taten werden! So ist die liturgische Farbe des Advent – wie in der Fastenzeit – violett.

Pater Heinrich Mühlbauer SDS