Vor einigen Wochen, Ende März, kam eine Frau zum Gespräch, die ich seit ungefähr 10 Jahren kenne. In ihrer Familie herrschte damals unbeschreibliche Not: Streit, Spaltungen, Trennungen – Zerwürfnisse auf verschiedenen Ebenen, die so tief waren, dass eine Wiederherstellung der Beziehungen unrealistisch schien. Wieder und wieder klagte die Frau ihr Leid und wir alle, die Mitbrüder, hörten zu und beteten mit ihr einzeln oder zusammen mit Ehrenamtlichen aus dem Seelsorgeteam. Aber nichts geschah. Im Gegenteil, manches spitzte sich zu, wurde schlimmer. Mit der Grenzschließung zu Coronazeiten brach der Kontakt ab.

Nun hat sie sich erneut gemeldet. Aber nun hatte ich  eine andere Person vor mir: viel ruhiger und ausgeglichener als vor Jahren. Sie berichtete, dass einige Familienmitglieder, die keinesfalls bereit schienen, sich jemals wieder zu begegnen, sich inzwischen träfen, sogar zum Kaffee zusammenkämen, sich austauschten, offen über die Fehler der Vergangenheit redeten. Sie sagte: „Weißt du, ich habe jahrelang um Versöhnung in meiner Familie gebetet.“ Und sie fügte hinzu: „Ich gehe jeden Tag zur Eucharistie und in die Anbetung.“ Das alles war glaubwürdig, ablesbar auch an der Veränderung, die an der Frau selber sichtbar war, an der Ruhe, die sie nun ausstrahlte. Ich konnte ihr nur erwidern – und das aus tiefstem Herzen: „Hut ab! Das hast du durch deine Ausdauer und dein Gebet erlangt.“

Solche Zeugnisse machen Mut. Erfahrungen wie diese zeigen uns, wie erlösungsbedürftig wir sind, welch tiefer Ernst dem Geschehen auf Golgotha eignet. Sie bringen uns aber auch nahe, dass wir hineingenommen werden in die Bewegung von Kreuz und Auferstehung, wenn wir uns auf Ihn einlassen, unser Vertrauen auf Ihn setzen. Auferstehung ist real. Sie wirkt in unser Leben hinein.

P.Wolfgang Sütterlin SDS

Foto: Jplenio / Pixaby