AUF und ZU; RAUF und RUNTER, das sind die Bewegungsmöglichkeiten eines Vorhangs und wir alle haben damit schon Erfahrungen gemacht, wenn z. B. vor den Fenstern daheim, im Kino oder im Theater der Vorhang geöffnet oder geschlossen wird.
Ein geschlossener Vorhang soll etwas verhüllen, regt aber zugleich unser Interesse, unsere Neugier und Spannung an. Man möchte zu gern wissen, was der Vorhang verhüllt, möchte enthüllen, was dahintersteckt, möchte Hintergründe sehen und Zusammenhänge verstehen.
Auch auf der Bronzetür im Westwerk der Basilika Steinfeld entdecken wir die Darstellung eines, von zwei Händen gehaltenen Vorhangs; der Künstler Helmut Moos hat sein Kunstwerk „Verborgener Gott“ genannt.
Großflächig sehen wir den ‚Baum des Lebens‘; reich verzweigt sprießen daraus Blätter und Blüten. Zwei Bilder weisen uns auf das Geheimnis des Glaubens hin: (1) ‚Adam und Eva‘ für die Erschaffung des Menschen und (2) ‚Jesu Kreuzestod‘ für die Erlösung des Menschen.
Die Darstellung deutet auf die Rätselhaftigkeit unseres Seins. Das Bemühen des gläubigen Menschen um die Erkenntnis Gottes, seines Wesens und seines Willens, sowie die Einsicht, ihn letztlich nie ganz verstehen zu können, sind mit dem Symbol des Vorhangs verbunden.
Ein Enthüllungs-Prozess könnte da die vor uns liegende Fastenzeit sein und werden. Die Bibellesungen nehmen uns mit auf den Lebens- und Leidensweg Jesu von Nazareth und – mitfühlend und mitgehend – nähern wir uns Gott, der sich am Kreuz hingebenden Liebe, an.
Enthüllt wird Gottes heilbringende Strategie, weil mit dem Todesschrei Jesu am Kreuz: „Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist“ auch der Vorhang im Tempel entzweiriss (Lk 23, 45-46); jener Vorhang, der im Tempel das Heilige vom Allerheiligsten trennte (Ex 26.33).
Enthüllend sollte die Fastenzeit aber nicht nur im Glaubens-, sondern auch im Lebensvollzug sein; auch hier blicken wir nicht immer durch, entscheiden und handeln nicht immer richtig. Nur, indem wir hinterfragen (lassen), öffnen wir Vorhänge, die die Wirklichkeiten verhüllen.
Die Fastenzeit könnte aus uns investigative Menschen machen: aufdeckend, enthüllend, nachforschend bzw. -fragend. Einem der vielen Glaubens- und Lebensthemen, die uns oft so viel Kraft kosten, könnten wir uns investigativ stellen, um es – wohlmöglich – besser zu verstehen.
Wie wäre es z. B., wenn wir mit einer konkreten Frage einem langgehegten Glaubenszweifel nachgehen durch Gespräche oder auch mit Hilfe einer geeigneten Lektüre. Natürlich ist damit nicht alles, aber wenigstens ein Teil dessen, was uns so alles beschäftigt, klarer.
Die Fastenzeit lässt sich gut mit dem Vorsatz verbinden, einer bestimmten Frage oder einem bestimmten Thema nachzugehen und so diesbezügliche Unsicherheiten bzw. Vorurteile zu überwinden.
Also: „Vorhang auf“ in der Fastenzeit!
P. Michael Overmann SDS
Bild: aitoff v. Pixabay

Kloster Steinfeld – Portal im Westwerk der Basilika
Foto: P. Michael Overmann, 2012
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