150 Jahre sind seit der Geburt von Pater Pancratius Pfeiffer vergangen. Der gebürtige Allgäuer leitete nach dem Tod des Seligen Franziskus Jordan den Salvatorianer Orden. Während der deutschen Besatzungszeit rettete er zahlreiche Leben und ging als Engel von Rom  in die Geschichte ein. Anlässlich des Jubiläums erschien nun eine Kolumne von Hubertus Büker.

Der Papst weiß, wer in höchster Not helfen kann: „Gehen Sie zu Pa­ter Pancratius; er kann al­les tun und tut alles.“ Als die Deutschen ab Herbst 1943 neun Monate lang Rom besetzt halten, kann Pius XII. auf seinen ge­schickten und diskreten Mittelsmann bauen.

Dabei hat Pancratius Pfeiffer gar keine offizi­elle Funktion im Vatikan. Er führt den noch recht jungen Orden der Salva­torianer. Und zählt auch nicht zur kirchlichen Prominenz. Ein Vorteil: Er kann der Mann im Hintergrund bleiben.

Das passt zu seinem Naturell. Er ist mehr Organisator als Charis­matiker. Markus Pfeiffer, am 18. Oktober 1872 in Schwangau im Allgäu geboren, arbeitet nach der Volksschule zunächst in der vom Vater gegrün­deten Ziegelei, ehe er eine Bäckerlehre beginnt. Viel lieber jedoch möchte er seinem älteren Bruder Johannes nacheifern, der den Salvatorianern beigetreten ist. Diese „Gesellschaft des Gött­lichen Heilands“ hat der Badener Franziskus Jordan 1881 gegründet – mit der Zentrale in Rom, weil in Deutschland der Kulturkampf tobt.

Mit 17 wird Markus in die Gemeinschaft aufgenommen, die ihn, der kein Abitur hat, auf das Studium vorbereitet. Pancratius, so nun sein Ordensname, steigt bald nach der Priesterweihe zum Sekretär des Or­densgründers und 1902 zum Finanzchef der hoch verschuldeten Salvatoria­ner auf. Er meistert diese schwierige Aufgabe und wird 1915 an die Spitze des Ordens gewählt.

In den Jahren danach bis zum Beginn des Zwei­ten Weltkriegs vervier­facht sich die Zahl der Ordensmitglieder. Neue Niederlassungen entste­hen in vielen Ländern, auch in Deutschland. Der vielsprachige Pater Pancratius leitet seine internationale Gemein­schaft umsichtig. Und besitzt einen guten Draht zum Vatikan, weil er eine Zeit lang das päpstliche Vorzimmer bei der Orga­nisation der Privataudi­enzen unterstützt hat.

Nach dem Sturz des italienischen Diktators Benito Mussolini beset­zen deutsche Truppen im September 1943 Rom. Die Lage wird lebensbe­drohlich für Gefangene, Widerstandskämpfer – und vor allem natürlich für Juden. Papst Pius XII. setzt den deutschen Pater als Verbindungsmann zum deutschen Stadt­kommandanten ein. Mit ihm vereinbart Pancratius Pfeiffer, dass Gebäude im Besitz des Vatikans nicht durchsucht werden dürfen. Der Ordensmann geht in die Gefängnisse, stellt Juden Taufbeschei­nigungen aus, besorgt Verstecke und Nahrungs­mittel. Ja, er „tut alles“.

Es gelingt ihm nicht al­les. Aber dass über 7000 der damals etwa 10 000 Juden Roms die deutsche Herrschaft überleben, gut 4000 von ihnen in kirch­lichen Häusern versteckt – daran hat Pater Pancra­tius Pfeiffer einen nicht geringen Anteil. Und als hätte er damit sein Werk getan: Er stirbt im Mai 1945 an den Folgen eines Verkehrsunfalls.

 

Hubertus Büker

erschienen in: Verlagsgruppe Bistumspresse
Nummer 41 | 16. Oktober 2022