Pater Jordan und sein Pakt mit Gott

Wie der hl. Franz von Assisi, das große Vorbild unseres Gründers P. Franziskus Maria vom Kreuze Jordan, hat auch er uns kein theologisches Werk hinterlassen. Was wir von ihm haben, sind die Notizen in seinem ‚Geistlichen Tagebuch’, die mitstenographierten ‚Kapitelansprachen’ wie auch die Ordensregel. Diese geben uns einen tiefen Einblick in seine Spiritualität.

Seine Worte sind Ausdruck eines Menschen, der ganz aus Gott und ganz in Gott lebt. Sie verraten einen Menschen, der sein ganzes Menschsein Gott versprochen hat, der keinen andern Wert im Leben höherstellt als Gott. „Führe mit dem Heiland deine geistlichen Gespräche. Setze dich demütig und gelehrig zu seinen Füßen nieder und höre aufmerksam auf seine Worte“, so notiert er in sein ‚Geistliches Tagebuch‘.[1] Das ist seine Haltung. Es ist kein Denken, keine Gedankenakrobatik dabei, sondern ein Hinsetzen und Hören. „Höre stets auf die Stimme der Gnade und folge ihr trotz Schwierigkeiten“, schreibt er an anderer Stelle.[2]

Schon als junger Priester, schon vor der Ordensgründung, hat er sich ganz Gott verschrieben. Man kann sagen: Die Gründung einer apostolischen Ordensgemeinschaft war eine fast logische Folge seiner inneren Haltung. Sie hat auf jeden Fall ihren Ursprung in der tiefen Verbundenheit mit Gott und nicht in einer rein intellektuellen Weltbetrachtung. Aus dieser Verbundenheit erwuchs dann auch der sehnliche Wunsch, die ganze Menschheit zu diesem Gott zu führen.

Er lebte in der Verbundenheit mit einem Gott, dem die ganze Welt gehört, der Himmel und Erde umfasst. Ich meine, das war ein Grund dafür, dass er das Ziel seiner Gründungen nicht auf nur ein bestimmtes Apostolat hat eingrenzen können. Es war wohl auch der Grund dafür, warum er sich nicht einer aktuellen religiösen Bewegung jener Zeit hat anschließen können.

Sein Gottesbild war viel zu groß. Er fühlte sich hineingerissen in das ‚Weltmeer’ der göttlichen Liebe. So schreibt er in lateinischer Sprache in sein Tagebuch: „Freue dich und sei froh, jauchze und juble, denn nicht die Jungfrau der Jungfrauen, sondern der Allerhöchste selbst, der Reinste, der heiligste König der Jungfrauen, der Geduldigste, der Allmächtige, der Mildeste, der Arzt aller Übel, der Heiland der Welt kommt. Tauche ein in den Ozean der Liebe Deines Gottes.“[3]

Franziskus erbittet demütig, ein taugliches Werkzeug im Dienst Gottes sein zu dürfen; er erbittet und erwartet besondere Hilfe für sein apostolisches Werk. Er schreibt: „Das Geschöpf erhofft voll Vertrauen vom Allmächtigen durch die Verdienste unseres Herrn Jesus Christus und die Fürsprache der seligen Jungfrau Maria diese Gnaden:

  1. Der Schöpfer wird sein Geschöpf mit großer Heiligkeit, vor allem mit Demut ausstatten, damit es, soweit dies möglich sein kann, ein taugliches Werkzeug der göttlichen Vorsehung werde und die Versprechen getreulich erfülle und er es nach diesem Leben in die ewigen Freuden aufnehme.
  2. Der Schöpfer wird in seiner Allmacht seinem Geschöpf in der Durchführung dessen, was er sich vorgenommen hat, auch mit starker Hand helfen.“[4]

Überall auf der Welt werden heute Verträge und Bündnisse unterschrieben auf politischer, ökonomischer und ideologischer Ebene, auf der hohen Ebene der Völker und Nationen, wie im kleinen Kreis einfacher Menschen. Das Schwere und Unsichere dabei ist aber immer wieder, sie einzuhalten. P. Jordan schrieb diesen Vertrag nieder mit dem Willen, ihn zu verwirklichen. Es ist ein Pakt mit dem dreifaltigen Schöpfergott. Wer ihn gekannt hat, muss immer wieder bestätigen: Er hat diesen Vertrag gehalten; er hat in einer ständigen Vereinigung mit Gott gelebt. In großer und schöner Schrift schreibt er in sein Tagebuch, zu welcher Ganz-Hingabe die Liebe des Herrn ihn treibt: „Jetzt bis zum Blut, – bis zum Kreuz, – bis zum Tod! Bis zum Tod am Kreuz, für Ihn und – und – und – wenn es Gott gefallen sollte.“[5] In diesen wiederholten ‚und’ ist wohl auch die Bereitschaft zum Martyrium verborgen.

Immer knapper und einfacher werden seine Worte im ‚Geistlichen Tagebuch’; Liebende brauchen eben nicht viele Worte. Möge P. Franziskus uns Einladung und Ermunterung sein, uns – wie er – immer wieder neu an Gott zu binden, unser ganzes Vertrauen auf IHN zu setzen.

„P. Jordan war ein Mann unserer Zeit. Wie wir, so hat auch er die Schattenseiten und Übel unserer Zeit an sich erfahren: Unbeständigkeit, Unruhe, Drang nach äußerer Betätigung, Gefahr der Verkümmerung des inneren Menschen. Er ließ sich aber nicht vom Zeitgeist fortspülen, sondern er überwand ihn durch das Heilmittel des Gebetes … Sein Leben war einfach, einfach auch seine Lehre. Man kann sie in einem Wort zusammenfassen, das er selbst geprägt hat: Werdet Männer des Gebetes! Denn: Das Gebet ist die größte Weltmacht.“[6]

Aus: 

Meier, Karl, Facetten einer Persönlichkeit, in: Overmann, Michael SDS (Hgg), Das ist das ewige Leben, Farben einer salvatorianischen Spiritualität, München 2018, 37–39.

[1]GT I, 65
[2]GT IV, 18 am 25.01.1916
[3]GT I, 150*
[4]GT I, 204
[5]GT I, 193
[6]LAMMERS, Josef: Das Gebetsleben P. Jordans. Eine theologische Quellenstudie über den aszetisch-mystischen Inhalt seines Seelenlebens. Helmond, 1957, S. 123-124.